Testbericht: The Ball

PC-Version, getestet von Timo Schmidt am

„Wir müssen ein neues Seil auftreiben …schau dich in der Zeit ruhig mal da unten um!“

So verabschiedet sich einer der Bergbauarbeiter von seinem Kollegen also, wenn dieser etwa 40 Meter tief in einen Vulkanschacht fällt. The Ball, so der Titel des neuen Indie-Games von Tripwire Interactive und den Teotl Studios, beginnt ganz dezent mit einem Fall ins Ungewisse. Der Spieler wird anfangs gemütlich in die sehr praktisch-orientierte Steuerung eingewiesen, welche sich nicht allzu sehr von der konventionellen WASD-Masse abhebt.

Doch Moment … reisen wir in die Vergangenheit und schauen uns die Entstehungsgeschichte des Spieles an, denn, wie man sicher schon bemerkt hat, sind die Entwickler aus den Teotl Studios nicht allzu sehr bekannt. Das Studio wurde vor nicht zu langer Zeit von drei Entwicklern gegründet, die schon eine gewisse Laufbahn hinter sich haben. So hat jemand zum Beispiel in der Vergangenheit an Killzone und Huxley mitgewirkt.

Aus gemeinsamen Interesse wurde von ihnen in Schweden die Teotl Studios gegründet, welche mit The Ball nun ihr Debüt feiern. Das Spiel selbst durchlebte in der Vergangenheit viele Stadien der Entwicklung – angefangen als kleine Puzzle-Modifikation für Epic Games’ bekannten Ego-Shooter Unreal Tournament 3 und später bekannter geworden als Award-winning Game bei den Mod Of The Year-Awards 2008 der Modding-Community Moddb. Alle Informationen auswendig gelernt? Perfekt. Zurück zum Spiel.

Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit findet der Spieler die einzige Waffe, die das Spiel zu bieten hat: Den Hammer. Vielfalt erwartet? Die kommt noch. Doch nicht in der Waffenauswahl, sondern eher in der Variation von verschiedenen temporären Verbesserungen, auf die ich später zurückkomme. Etwa vier Räume weiter fällt dem Spieler das Gegenstück zu seinem Werkzeug wortwörtlich vor die Füße. Nein, kein überdimensionierter Nagel. Es handelt sich um den namensgebenden Ball, der etwa die Größe eines Fußballtores hat. Wer vermutet, in diesem Spiel das Runde in das Eckige zu schießen liegt grundlegend falsch. Eingelocht wird oft in The Ball, doch nicht um zu punkten. Der Ball lässt mit seinem Äußeren darauf schließen, dass er schon etliche Jahrhunderte überdauert hat und seine Gravuren, die unter Anderem menschliche Schädel zeigen, zeugen von einer mysteriösen Kultur, die ihn geschaffen haben könnte. Der Ball lässt sich jedoch keines falls mit Verwandten wie den Companion Cube aus Portal vergleichen, da er nicht nur mit seiner unglaublichen Langlebigkeit sondern auch mit seiner (nicht gleich offensichtlichen) Dynamik besticht. Und auch im Vergleich zum genannten Beispiel spielt der Ball in diesem Spiel eine weitaus größere Rolle.

Die Grunddynamik des Spieles ist, verschiedene Rätsel zu lösen und vor allem zu überleben. „Ein Puzzle-Shooter, in dem man sterben kann?“ – In der Tat, denn es gibt so einiges im Krater des Vulkans, was euren Kopf will. Nachdem man in die Benutzung des Balles – nämlich das Schlagen und Anziehen mit dem Hammer, der offenbar einen integrierten Magneten beherbergt – in zwei bis drei Tutorial-artigen Levels erlernt hat, trifft man auch gleich auf einige Widersacher, die nicht sonderlich appetitlich aussehen, da sie anscheinend einen langen Schlaf hinter sich hatten. Diese eher Zombie-artigen Mumien sind auf den ersten Blick nicht sehr helle, sind in der Masse jedoch schier unberechenbar. An dieser Stelle kommt der Ball zum ersten Mal richtig Einsatz: Mit der rechten Maustaste zieht ihr ihn mit dem Magnetmodus des Hammers zu euch, woraufhin er Gegner, die zwischen euch stehen, überrollt. Den selben Effekt gibt es, wenn man mit der rechten Maustaste den Ball in die Gegnermassen drescht. Letzteres macht ziemlich viel Spaß, wird aber auf Dauer ziemlich eintönig, weshalb sich die Entwickler ein nettes Feature ausgedacht haben.

Die schon erwähnten Verbesserungen, die bei Nutzung verschiedener Mechanismen der Umgebung temporär auf den Ball angewandt werden, sorgen so manches Mal für ein Blutbad unter euren Widersachern. So habt ihr zum Beispiel die Möglichkeit, den Ball mit Spikes beziehungsweise Stacheln zu versehen, die entweder nach kurzer Zeit oder bei erneuter Betätigung der bestimmten Schalter in der Umgebung abgefeuert werden und in alle Richtungen alles töten, was ihnen in den Weg kommt – außer euch selbst. Zu erwähnen sind noch einige andere Verbesserungen, wie das Verteilen und daraufhin anzünden von Öl und das Nutzen von Schwerelosigkeit. Die Gegnervariationen sind zunächst facettenreich, wiederholen sich aber ab der Hälfte des Spieles immer wieder. Abwechslung bringen diverse Bossgegner, die es zu bezwingen gilt. Ein Beispiel hierfür ist ein riesiger Gorilla, der einem den Ball klauen kann und den Spieler selbst am liebsten als Zahnseide benutzen würde. An dieser Stelle heißt es so gut wie möglich zu kombinieren, denn wie die Rätsel der Azteken-Welt, sind auch die Lösungswege um den Boss zu fällen nicht sofort offensichtlich.

Die Rätsel, die der eigentliche Hauptaspekt des Spieles sind, begleiten den Spieler auf seiner Reise durch den Vulkan auf Schritt und Tritt. Und nach wie vor gilt der Ball als einzige und gut durchdachte Lösungshilfe. Was anfangs noch relativ leicht von der Hand geht, wenn es zum Beispiel darum geht Farbrätsel zu lösen oder Würfel in die richtigen Ausbuchtungen zu schieben, wird im weiteren Spielverlauf immer fordernder. Dennoch bleibt das Spiel bis zum Schluss fair und ist nicht unlösbar. Die Abwechslung, welche die Rätsel über das gesamte Spiel hinweg bietet, motivieren den Spieler ungemein. Vor allem unerwartete Sachen, wie zum Beispiel die Tatsache, dass man an verschiedenen Stellen den Ball der Schwerkraft entbinden, oder gar mit Elektrizität aufladen kann, sorgen für Neugier auf die kommenden Sektionen des Berginneren.

Auch wenn das letzte Rätsel, welches man auch als Endgegner ansehen kann, ziemlich viel Ausdauer und Grips erfordert, belohnt das Spiel einen am Ende mit einer sehr unerwarteten Wendung und einem zufriedenstellenden Ende. Unwillkürlich fragt man sich, ob in Zukunft noch mehr kommen wird, mehr als nur ein Herausforderungs-Modus, der nichts mit der Hintergrundgeschichte zu tun hat.

Durch alte und schön texturierte Inschriften auf Steintafeln und manchmal auch an Wänden wird die Hintergrundgeschichte des Spiels erzählt. Hierbei handelt es sich um ein Azteken-Volk, welches sich auf ein unmoralisches Angebot einließ und somit seine Auslöschung besiegelte. Zusätzliche Informationen über die Vergangenheit der Städte unter dem Berg geben goldene Schädel, die in jedem Level verstreut sind und gleichzeitig als Fundgegenstände dienen. Die Erzählweise erinnert an ein Tagebuch und macht neugierig auf mehr. Wie erwähnt tritt viel Unerwartetes im Verlauf der Kampagne auf, doch man kann klar festsetzen, dass The Ball einen Wiederspielwert gegen Null hat, sofern man vom Herausforderungs-Modus absieht. Dieser besticht durch seine Härte und lässt den Spieler ausgiebig schwitzen.

Die gesamte Spielzeit beträgt ungefähr sechs Stunden. Diese ist jedoch sowohl von der Spielweise als auch der Intelligenz des jeweiligen Spielers abhängig. Selbst meine Tastatur befand sich hier und da in der Gefahr, am Boden zerschmettert zu werden.

Wertung

Fazit

GC-Wertung
7,5

Das Team des schwedischen Teotl Studios beweist mit The Ball, dass man mit viel Geduld eine ungewohnte Atmosphäre, viel Grübelei und einem sehr unerwarteten Ausgang einer Geschichte auf die heimischen Computer zaubern kann. Für Rätselfreunde eine klare Empfehlung – Spieler die Action und Dramatik erwarten, sollten jedoch die Finger von The Ball lassen.