Testbericht: SteamWorld Dig 2

Switch-Version, getestet von Timo Schmidt am

Vor meiner Abreise in die Vereinigten Staaten war es lange still um meine All-in-One-Heimkonsole aus Japan: Zwar wusste Mario + Rabbis: Kingdom Battle auf gewisser Weise zu fesseln; doch lange am Stück konnte ich mich nicht für die Nintendo-esque XCOM-Persiflage begeistern. Bei Mario Kart 8 hatte ich bereits sämtliche Goldpokale und zu NBA Playgrounds sage ich besser nichts. Und plötzlich kommt SteamWorld Dig 2 um die Ecke.

Altbekanntes stark verbessert

SteamWorld Dig 2 baut direkt auf den Vorgänger auf, ohne die Restriktion diesen kennen zu müssen. In der Rolle der Roboter-Dame Dorothy suchen wir unseren verschwundenen Freund und Protagonisten aus dem Vorgänger Rusty. Sein Verschwinden löste überall auf dem Wüstenplaneten Erdbeben aus, weshalb es gilt diesen auf die Spur zu gehen.

In Anbetracht der Tatsache, dass wir es hier mit einem recht simplen 2D-Adventure zu tun haben, hatte ich keine besonders tiefe und emotionsgeladene Handlung erwartet. Wie schwer ich mich hierin getäuscht hatte, kann ich auf Spoilergründen leider nicht so genau erklären. Soviel sei gesagt: Das schwedische Team rund um Image & Form könnte kaum kreativer sein und mehr Ideen einbauen.

Grundsätzlich ist SWD2 dasselbe wie Teil 1 – nur besser und umfangreicher. Wir beginnen in einem von anderen Robotern geleitetes Bergbaustädtchen, was im Spielverlauf auch unseren regelmäßigen Rückzugspunkt darstellt. Auf unseren Reisen durch tausender Gesteinsschichten verschiedener Härten und Konstellationen ist der Name des Spiels das Programm: Wir "dig"-en. Sprichwörtlich ist das Hauptelement das Graben mit der Spitzhacke. Was eintönig klingt, entpuppt sich jedoch nach und nach zu einer wahrlich gefährlichen Suchtspirale.

Etwa ein Dutzend größerer Gebiete befinden sich tief unter der Oberfläche des Wüstenplaneten. Diese sind derart groß und verschnörkelt, dass man die gleiche Zahl auf die Spielzeit in Stunden transportieren könnte: Wahrlich, ich sage euch – SteamWorld Dig 2 hielt mich im Urlaub und im Flugzeug auf dem Weg dahin mehr als 12 Stunden am Stück bei der Stange!

Auf dem Weg in die Tiefe auf den Spuren des verschollenen, besten Freundes sammeln wir allerlei Rohstoffe und bis zu 42 Artefakte ein. Erstere sind weit verstreut und stellen unsere stete Einnahmequelle im Spiel dar: Mit Credits, die wir im Dorf für die Edelsteine und Materialien erhalten, schalten wir Upgrades für unser Handwerkszeug frei. Größerer Rucksack, stärkere Spitzhacke und diverse Utensilien deren Nutzen und Herkunft ich an dieser Stelle ungern vorwegnehmen möchte.

Nur so viel: Je weiter wir kommen, je mehr Dorothy sich erarbeitet, desto komplexer aber auch unterhaltsamer wird das Spiel. Plötzlich kommen wir an Orte, die zuvor unerreichbar waren und finden auf diese Weise die eben erwähnten Artefakte und Zahnräder. Während Artefakte für Blaupausen und neuen Upgrades sorgen, können wir mit Zahnrädern frei und dynamisch Dorothys Fähigkeiten anpassen: Schnelleres füllen der Wassertanks, mehr Schaden an den (rudimentären und doch abwechslungsreichen und knackigen) Feinden,… you name it.

Nach und nach entsteht ein ungeheurer Sog, immer mehr Artefakte zu finden, immer mehr Fähigkeiten freizuschalten und, und, und. Suchtgefahr ahoi! Ein Indiz, wenn die Spielmechanik wunderbar greift.

Harte Schale, weicher Kern

SteamWorld Dig 2 besticht durch ansteckende Tiefe und Dynamik, was das mehr oder weniger freie Erkunden der Spielwelt betrifft. Zwar sind die einzelnen Bereiche beschränkt, doch innerhalb dieser (dennoch großzügigen) Limits kann Dorothy frei Entscheiden wie sie welchen Weg geht. Tatsächlich ist es mir während des Tests sogar gelungen, weiter zu kommen, als ich mit der derzeitigen Ausrüstung sollte. Das resultierte in einen netten Emailverlauf mit dem Level-Designer des Teams, Esteban Soto, welcher mir mehr als umfangreich und geduldig weiterhalf. Thanks buddy!

Je weiter man kommt, desto mehr offenbart sich eine interessante Geschichte mit gewissen Twists, die an ein Batman: Arkham Asylum erinnern. Gewisse Scarecrow-Vibes ließen mich an manchen Stellen leicht erschaudern; wenn das hier nicht schon fast zu viel verraten ist. Grundsätzlich fesselt die Geschichte neben der Spirale aus Erkundung und Looting bis zum Schluss.

Zu guter Letzt sei noch erwähnt, dass Komplettisten in SWD2 einen neuen Liebling finden dürften: Wer es schafft, alle Artefakte zu finden, schaltet quasi weitere Spielelemente frei. Diese dürften jeden erstmal für lange Zeit an die Grenzen bringen.

Switch-igkeit par excellence

Auch wenn Dorothys Abenteuer als schlichtes 2D-Abenteuer daherkommt, weiß der Grafikstil und die vielen kleinen Details am Wegesrand wirklich zu begeistern. Jeder Spielbereich kommt mit eigenem Ambiente und Lichtverhältnissen daher. Jede Ebenen bringt neue Musik mit sich.

Lediglich die Hintergrundmusik der Oberflächenstadt wirkt auf Dauer bei meinen unzähligen Besuchen etwas ermüdend. Auch die Dialoge zwischen Robotern und... anderen Wesen gestalten sich leider recht nervig, da es sich wie digitales Entengeplapper anhört. Doch dem Spielspaß tut das alles definitiv keinen Abbruch.

Wichtig ist noch zu erwähnen, dass das Spiel zu jeder Zeit auf der Nintendo Switch in astreinen 60 Bildern pro Sekunde butterweich läuft. Gerade für unterwegs und im Handheld Modus ist das Spiel wirklich perfekt geeignet. Sämtliche Steuerungsoptionen der Konsole werden Unterstützt und das HD-Rumble nett umgesetzt. Leider fehlt ein Nintendo-typischer Mehrspielermodus für witzige Couchcoop-Action, doch das ist weniger Kritik als Wunschdenken.

Wertung

Fazit

GC-Wertung
8,5

Wer hätte gedacht, dass das kleine SteamWorld Dig 2 aus den schwedischen Entwicklerstudios von Image & Form so sehr fesseln würde? Sobald der Drang nach besserer Ausrüstung und Erkundung der großen Spielwelt greift, gibt es kein Zurück mehr. Ein kooperativer Modus hätte das Paket noch gut abgerundet, fehlt aber nicht schmerzlich. Kurz: SteamWorld Dig 2 ist das perfekte Spiel für die Nintendo Switch. Kaum ein anderer Titel auf der AiO-Konsole konnte mich bisher besser unterhalten. Das muss mal einer nachmachen – allen voran Nintendo selbst.