Testbericht: A Way Out

PS4-Version, getestet von Timo Schmidt am

Das kooperativce Action-Adventure A Way Out, das in den 70er-Jahren spielt, will andere Wege gehen als andere Genre-Vertreter und das Couch-Coop Feature neu erfinden. Ob Hazelight Studios und EA das (vermisst geglaubte) Rad neu erfinden, lest ihr in unserem Test!

Als neustes Werk des von Publisher EA ins Leben gerufene „Originals“-Programms, weiß A Way Out überraschenderweise schon lange vor Release, Neugierige und Spielerschaft gleichermaßen in Atem zu halten: Die Prämisse, die ganze Handlung des Action-Adventures als zwei Spieler zu erleben und meistern – diese machte bereits das Vorgänger-Projekt Brothers zu einem unvergesslichen Erlebnis.

In den Rollen des ungleichen Paars Leo und Vincent sollen die Spieler gemeinsam auf filmische Art und Weise aus dem Gefängnis ausbrechen und ein Gangster-Komplott aufdecken. Hauptaugenmerk liegt hierbei auf der Dynamik zwischen den beiden Protagonisten, sowie den daraus resultierenden Situationen. Angelehnt an internationale Erfolge wie etwa Prison Break und vergleichbares, greift das Spiel viel Menschlichkeit auf und lässt den Spielern die freie Wahl, mit ihr umzugehen.

Ein ungleiches Paar

Vincent Moretti (gesprochen von Eric Krogh) und Leo Caruso (von Fares Fares vertont) könnten nicht unterschiedlicher sein: Bewusst auf Kontraste aus, schafft Hazelight Studios hierbei ein Team, welches man prompt einfach ins Herz schließen muss. Wo Vincent der ruhige Ex-Bankier mit bedachter Vorgehensweise einen gewissen Ruhepol darstellt, toppt Leo mit seinem aufbrausenden Verhalten eine Situation mit der anderen.

Das Spiel beginnt in einem Flugzeug, dessen Ursprung und Zielort zunächst unbekannt ist. Ein freundschaftlicher Streit eröffnet die Bühne für die Protagonisten und zeigt früh die hier entstandene Dynamik. Hierbei schreitet das Spiel zunächst in Flashbacks voran und lässt uns die gemeinsamen Erlebnisse rekonstruieren – welche unweigerlich zur einleitenden Situation im Flugzeug führen.

Leo – ein impulsiver Typ in seinen 30ern – saß bereits ein halbes Jahr im nordkalifornischen Knast, als der reifere Vincent zu 14 Jahren verurteilt wurde und in der Strafanstalt eingeliefert wurde. Die beiden lernen sich bald bei einer Handgreiferei mit Schatten ihrer Vergangenheit auf dem Gefängnisgelände kennen und planen kurz darauf ihren Ausbruch. Dass sie keineswegs beste Freunde sein wollten, spürte man bereits hier.

Next Generation Couch-Coop

A Way Out fühlt sich dabei selten wie ein lineares Spiel; vielmehr wie ein klassischer Hollywood-Film mit vielen Skriptsequenzen an. Hierbei wird den Spielern am Wegesrand definitiv auch mal eine Pause zum Erkunden und auch Lachen gegönnt. Doch die Stärken des Spiels liegen in den ruhigen, tiefgründigen Passagen in denen sich die Beweggründe und Geschichten der Protagonisten weiter herauskristallisieren.

Gespielt wird stets per geteiltem Bildschirm – sofern sich Vincent und Leo nicht am selben Ort befinden: Dynamisch und fließend teilt sich die Darstellung in der Mitte und läuft auch wieder zusammen, ohne dass es im Spielfluss sonderlich auffällt oder diesen gar unterbricht. Hierbei ist es übrigens egal, ob lokal oder übers Internet gespielt wird. Wir sehen stehts beide Perspektiven.

Besonders spannend ist die Umsetzung der Schlüsselszenen einzelner Personen: Wenn Vincent beispielsweise die Chance ergreift, mit seiner hochschwangeren Frau zu telefonieren und ihr vom bevorstehenden Ausbruch berichtet, wird Leos Spieler parallel entweder von einem rudimentären Zeitvertreib auf Trab gehalten oder gar ganz ausgeblendet. So werden wichtige Passagen hervorgehoben und die Handlung vorangetrieben.

Abseits hiervon spielt sich A Way Out, wie man es sich von einem Spiel mit kooperativem Fokus wünscht. Die beiden helfen sich gegenseitig über Zäune, einer lenkt eine Wache ab während der andere den Schlüssel stielt und vieles mehr. Die Möglichkeiten werden von Hazelight Studios gut ausgeschöpft; so finden sich sowohl Schleich-Passagen als auch Verfolgungsjagden in denen einer das Auto steuert und der Kumpane auf die Verfolger schießt.

Besonders amüsant sind Momente, in denen einer der beiden Antihelden für die Vorgehensweise über seinen Schatten springen muss. Wenn sich der hyperaktive Leo im Wäschekorb unter dreckigen Handtüchern versteckt und Vincent zu seiner Missbilligung munter immer mehr Lappen drauf packt, kommt man nicht ums Schmunzeln umhin. Dies deckt sich übrigens mit Situationen, in denen sich die Macken der beiden glänzend zur Schau stellen – herrlich.

Besonders toller Bonus: Um das Spiel über das Internet mit einem Freund genießen zu können, bedarf es zu keinem Zeitpunkt zweier Kopien. Das Spiel kann, einmal erworben, temporär dem Spielpartner geteilt werden. Nur einer blättert Geld hin, zwei haben Spaß. Exotisch, doch umso vorbildlicher!

Mangelnde Kontinuität (fern der Handlung)

A Way Out ist ein glänzendes Beispiel innovativer Konzeptionierung. Das Schicksal beider Protagonisten und alles hiermit verwobene bewegt einen und macht Neugierig auf den Ausgang der Odyssee. Doch was inhaltlich begeistert, vermisst spielerisch gerne entsprechende Kontinuität.

Die stillen Momente reißen ebenso mit, wie die aufbrausenden Szenen welche oftmals unter Zeitdruck gelöst werden wollen. Andernorts wartet das Spiel mit Shooter-Level auf uns, die nicht unspannender ausfallen könnten. Man sieht ihnen sofort an, wie sehr der Entwickler unbedingt Ballereien einbauen wollte. Das ging auf Kosten des Spielgefühls, welches irgendwann nichtmehr wusste ob es Drama oder Action-Spiel sein will.

Hier hilft es nicht sonderlich, wenn vereinzelt zwar viele Interaktions- und sogar amüsante Erkundungsmöglichkeiten geboten werden – später jedoch eine Schlauchgeometrie nach der anderen durchgekaut werden muss, bis die spannende Handlung endlich vorangetrieben wird. Auch Verfolgungsjagden fühlen sich nie schlüssig an: Das Fahrzeug fährt wie auf Pudding und die feindliche KI ist zuweilen quasi unsterblich.

Wertung

Positiv

  • Für Online-Coop ist nur eine Kopie nötig
  • Zuweilen viel Spannung...
  • ...welche durch humorvolle Pausen abgerundet wird
  • Endlich wieder Couch-Coop!
  • Gute Dynamik zwischen den Protagonisten...
  • ...welche einem schnell ans Herz wachsen
  • Toller, ins Setting passender Soundtrack
  • Geschickte Teilung des Bildschirms

Negativ

  • Technisch angestaubte Inszenierung
  • Fahrpassagen fühlen sich wie Pudding an
  • Gelegentlich übermenschliche K.I.-Kontrahenten
  • Shooter-Passagen schnell ermüdend
  • Keine Möglichkeit auf zwei Bildschirmen zu spielen...
  • ...weder online, noch offline

Fazit

GC-Wertung
7,0

A Way Out ist genau das richtige, das der Branche hinsichtlich eines fast aussterbenden Genres gefehlt hat: Eine spannende Handlung, die man mit seinem besten Freund oder langjährigen Daddelpartner einfach mal erlebt haben muss. Das ungleiche Duo begeistert mit seinem zuweilen einzigartigen Auftritt in einer Odyssee, welche sie sich nicht aussuchten. Die technische Umsetzung und der Stil in dem die spannende Handlung vorangetrieben wird, suchen ihresgleichen. Leider nicht ohne Mängel: Fahr- sowie Passagen mit Schießereien fühlen sich aufgezwungen an, auch kann nichts gegen die geskriptete Bildschirmteilung unternommen werden. Immerhin muss das Spiel nur einmal gekauft werden, damit es zwei (lokal und online) spielen können; was den Titel nochmal mehr von der Masse abhebt.

Vielen Dank an Electronic Arts für die Bereitstellung des Testmusters.