Testbericht: Need for Speed: Shift

PC-Version, getestet von Stefan Brauner am

Die letzten Teile der Need for Speed-Serie waren eher enttäuschend. Nach den beiden guten Need for Speed Underground-Teilen boten die nachfolgenden NfS-Spiele nicht ganz so viel Abwechslung. Die Serie schien in dem Underground-Stil festzuhängen, bis NfS Pro Street erschien. Damit hatte sich EA von den illegalen Straßenrennen entfernt, doch richtig zufriedenstellend war der Titel dennoch nicht. Mit dem letzten Teil, Need for Speed Undercover, gingen die Entwickler wieder zurück in Richtung Underground-Stil und erreichten möglicherweise einen Tiefpunkt und enttäuschten viele Fans der Spielreihe. Doch mit Need for Speed Shift, welcher von den Slightly Mad Studios entwickelt wurde, scheint die Serie wieder in der richtigen Spur zu liegen.

Weg von der Straße

Wie auch schon bei NfS Pro Street werden die Rennen nicht mehr illegal auf den Straßen, sondern auf abgesperrten Rennstrecken ausgetragen. Der Unterschied dabei ist, dass das ganze dieses Mal etwas professioneller wirkt. Eine halbherzige Story gibt es in NfS Shift nicht mehr. Stattdessen läuft es eher ab, wie bei Race Driver GRID. Es werden mehrere Rennevents angeboten, welche in verschiedene Stufen eingeteilt sind. Das Ziel ist die Teilnahem und der Sieg der NfS-World-Tour. Um diese zu erreichen müssen vorher vier Stufen gemeistert werden. Die höheren Stufen zeichnen sich durch schnellere Fahrzeuge aus, welche nur in dieser und höheren Stufen gefahren werden dürfen.

Beim Karrierestart beginnt der Spieler mit einem für das Rennen bereitgestellten BMW, um dort sein Können unter Beweis zu stellen. In Abhängigkeit von dem erzielten Ergebnis des Rennens werden Spieleinstellungen vorgeschlagen, wie Schwierigkeit der Gegner, Bremshilfe, Traktionskontrolle und weiterem. Diese können jederzeit manuell geändert werden, wenn das Spiel zu einfach oder schwierig erscheint. Von dem Geld, das im ersten Rennen gewonnen wird, kann das erste Fahrzeug gekauft werden.

Fahrerprofil

In Need for Speed Shift unterscheiden sich die Fahrer nach ihrem Fahrstil: präzise oder aggressiv. Verschiedene Aktionen während der Rennen bestimmen den Stil. Für beide Aktionsarten gibt es Punkte. Präzise Aktionen sind beispielsweise das saubere Überholen, ein guter Start oder auch das Fahren auf der Ideallinie, zu den aggressiven Aktionen gehören das Fahren im Windschatten und das Berühren von Gegnern. Die Punkte sind unabhängig vom Fahrertyp, sodass es auch für präzise Fahrer Punkte für aggressive Manöver gibt.

Mit den gesammelten Punkten steigt auch das Fahrerlevel. Durch das Erreichen eines neuen Levels werden unter anderem neue Teile, Vinyls, Einladungs-Events oder Fahrzeuge freigeschaltet. Das Fahrerprofil bietet auch eine große Anzahl von Master-Abzeichen, die im Laufe der Rennen gesammelt werden können. Die Abzeichen sind eingeteilt in „Strecken“, „Rennen“, „Karriere“ und „Online“ und werden in mehreren Stufen vergeben. Während beispielsweise für 10 saubere Überholmanöver ein kleines Abzeichen vergeben wird, gibt es nach und nach noch die Master-Abzeichen in Bronze, Silber, Gold und Platin. Das sorgt für eine zusätzliche Spielmotivation.

Sterne zum Weiterkommen

Ein sehr gutes System bei Need for Speed Shift, sind die Sterne, welche gesammelt werden müssen, um die nächsten Rennstufen freischalten zu können. So ist es nicht zwangsläufig notwendig, jedes Rennen zu gewinnen. In fast jedem Rennen können bis zu sechs Sterne verdient werden. Die ersten drei werden für Podiumsplatzierungen, zwei weitere für das Erreichen einer bestimmten Punktezahl im Rennen und der letzte für das Erfüllen einer zusätzlichen Aufgabe. Mögliche Aufgaben sind bestimmte Rundenzeiten zu schaffen, eine Runde lang in Führung zu sein oder auch vier Gegner umzudrehen. Die Sterne für die Rennevents werden nur ein einziges Mal vergeben. Sollte der Spieler jedoch nur vier von sechs davon erreichen, kann er so oft er möchte versuchen die noch fehlenden zu gewinnen.

Im Menü ist zu sehen, wie viele Sterne notwendig sind, um die nächste Stufe freizuschalten. Etwas schade ist dabei, dass die ersten Stufen viel zu schnell freigeschaltet werden, sodass das Erreichen der NfS-World-Tour schon fast zu schnell geht. Dabei ist es nicht einmal notwendig in den höheren Stufen zu fahren.

Große Vielfalt

Wie bei den Need for Speed-Spielen üblich, bietet auch NfS Shift eine große Anzahl von Fahrzeugen aus Europa, Japan und den USA. Dieses Mal gibt es sogar auch lizensierte Originalstrecken, wie beispielsweise Spa, Donington, Brands Hatch und die Nordschleife. Zusätzlich gibt es auch noch einige fiktive Rennstrecken, welche sehr gut geworden sind. Zwar ist das Angebot der Rennstrecken schon recht groß und bietet mehr als nur wenige ähnliche Gebiete in verschiedenen Variationen, doch die eine oder andere weitere Original-Rennstrecke wäre schön gewesen.

Nichts desto trotz bietet NfS Shift mit vielen Fahrzeugen und Rennstrecken eine große Vielfalt. Die Strecken und Umgebungen sind sehr gut geworden. Am Rand der Rennstrecken sind häufig Zuschauer und verschiedene Elemente zu finden, wodurch die Umgebung so gut wie nie einen kahlen Eindruck hinterlässt.

Viel Abwechslung

Der Karrieremodus bietet sehr viel Abwechslung. Neben den normalen Rennen auf Rundstrecken gibt es auch noch ein paar andere Renntypen. Beim Zeitfahren gilt es innerhalb einer vorgegebenen Zeit die beste Rundenzeit aufzustellen, während die gegnerischen Fahrer zur gleichen Zeit auf der Strecke sind und ebenfalls neue Bestzeiten erreichen. Um die Rundenzeit geht es auch im Renntyp „Heiße Runden“, bei dem drei verschiedene Zeiten vorgegeben werden, welche unterboten werden müssen. Dafür hat der Spieler mehrere Runden Zeit und ist dabei alleine auf der Strecke. Weiterhin gibt es noch „Zeit-Eliminator“ und „Runden-Eliminator“, welches zwei unterschiedliche K.O.-Rennen sind. Beim „Zeit-Eliminator“ scheidet alle 30 Sekunden der letztplatzierte aus, beim „Runden-Eliminator“ geschieht dies jede Runde. Gewonnen hat der Fahrer, der zum Schluss übrig bleibt.

Auch enthalten ist der Drift-Modus, welcher jedoch eher eine ziemliche Enttäuschung ist. Während ich persönlich bei Race Driver GRID ziemlichen Spaß an langen Drift-Rennen hatte, sind die ziemlich kurzen Drift-Rennen bei NfS Shift meiner Meinung nach eine Qual. Saubere und längere Drifts scheinen einfach nicht zu gelingen, da sich das Fahrzeug kaum unter Kontrolle halten lässt. Glücklicherweise sind die Drift-Rennen nur in einer geringen Anzahl vertreten, sodass diese auch getrost umgangen werden können. Zusätzlich gibt es noch Fahrerduelle mit drei Läufen. Im ersten Lauf startet der Spieler vorne, im zweiten der Gegner und im dritten Rennen beide nebeneinander. Den Lauf gewinnt derjenige, der entweder als erstes die Ziellinie erreicht oder einen Vorsprung von fünf Sekunden hat. Das Event ist nach zwei gewonnenen Läufen entschieden. Neben Events, die aus einem einzigen Rennen bestehen, gibt es zudem auch Serien, bei denen mehrere Rennen hintereinander gefahren werden.

Für eine zusätzliche Abwechslung sorgen die vielen, verschiedenen Events. Neben den normalen Veranstaltungen, bei denen der Spieler mit seinen Fahrzeugen antritt, gibt es noch Hersteller-Wettbewerbe, Wagen-Duelle oder bestimmte Serien. Bei den Wagen-Duellen werden zwei verschiedene Fahrzeuge bereitgestellt, mit welchen gegeneinander angetreten wird. Im Hersteller-Wettbewerb oder Serien, wie z. B. einer Europa-Serie, sind nur Fahrzeuge eines bestimmten Herstellers oder aus einer bestimmten Region zugelassen. Diese muss der Spieler jedoch selbst in seiner Garage haben.

Customizing

Auch in Need for Speed Shift gibt es wieder die Möglichkeit seine eigenen Fahrzeuge anzupassen. Bei der Optik des Wagens stehen verschiedene Lacke, Felgen und Vinyls zur Verfügung. Einzelne Teile der Karosserie können nicht mehr angepasst werden, das AutoSculpt-Feature ist somit nicht mehr vorhanden. Die Felgen werden von verschiedenen Herstellern angeboten in mehreren Größen angeboten werden, weitere Anpassungen sind auch dort nicht möglich.

Dafür stehen verschiedene Lacktypen und eine große Farbpalette sowie viele Vinyls zur Verfügung, welche nach und nach freigeschaltet werden können. Der Spieler hat die Auswahl zwischen einer eigenen Lackierung, der Werkslackierung oder vier zusätzliche Lackierungen mit Vinyls. Die eigene Lackierung kann mit verschiedenen Vinyls, wie Zeichen, Zahlen, Wappen, Streifen, Flammen, Herstellerlogos und weiteren, versehen werden. Position, Größe, Ausrichtung und teilweise auch Farbe können selbst gewählt werden. Vor dem Anbringen muss gewählt werden, wo das Vinyl platziert werden soll. Leider ist es dabei nicht ohne weiteres möglich, dass ein Vinyl gleichzeitig auf der linken als auch der rechten Seite hinzugefügt wird.

Leistungssteigerung

Die Leistung lässt sich durch Upgrades und durch Tuning verbessern. Für die Leistungsupgrades stehen in drei Stufen eingeteilt Verbesserungen für Motor, Antrieb, Turbo, Bremsen, Fahrwerk und Reifen zur Verfügung . Weiterhin gibt es noch Aerodynamik- und Renn-Teile, z. B. Karosserie-Kits, Gewichtsoptimierung, Nitro oder Rennauspuff. Die Möglichkeiten sind abhängig vom jeweiligen Fahrzeug. Bei Fahrzeugen bis Stufe 3 steht teilweise, wenn alle anderen Upgrades eingebaut wurden, auch ein Werksumbau zur Verfügung. Dieser kostet eine Menge Geld, holt dafür aber das Maximum aus dem Wagen raus, sodass die Fahrzeuge auch mit den teuren Luxusmodellen mithalten können.

Technischer Fortschritt

Technisch ist Need for Speed Shift einen ordentlichen Schritt voran gekommen. Wer einen halbwegs aktuellen Rechner hat und die Systemanforderungen erfüllt kann das Spiel in guter Qualität und vor allem ohne nerviges Ruckeln genießen. Die Fahrzeuge und Umgebungen sind sehr detailliert und mit Effekten wurde nicht übertrieben. Etwas schade ist jedoch, dass auch hier aufpoppende Elemente am Horizont zu erkennen sind.

Die KI ist größtenteils gut gelungen und nimmt häufiger auch etwas Rücksicht auf den Fahrer und fährt bei Unfällen nicht unbedingt mit hohen Tempo in das Fahrzeug. Ganz ausgeschlossen sind Auffahrunfälle nach Drehern oder dem Einordnen, nachdem der Fahrer kurz von der Strecke abgekommen ist, nicht. Im normalen Renngeschehen sind die Gegner sehr fair, sodass nicht damit gerechnet werden muss, nach einer gezielten Attacke abgeschossen zu werden.

Etwas schade ist, dass sämtliche Rennen tagsüber und bei gutem Wetter stattfinden. Mit Nachtrennen und verschiedenen Wettereffekten hätte die Technik sicherlich noch etwas ausgereizt werden können, um den Spielern noch etwas mehr für die Optik zu bieten.

Auch bei den Replays wäre sicherlich noch etwas mehr drin gewesen. Die Rennen können in mehreren Kameraperspektiven erneut angesehen werden. Neben den normalen Perspektiven gibt es auch eine dynamische Ansicht, die automatisch hin- und herwechselt und das Renngeschehen aus mehreren Winkeln zeigt. Leider ist es nicht möglich zu bestimmten Runden zu springen. Wer sich also für spätere Runden interessiert, muss bis dahin alle anderen Runden ansehen. Dafür besteht die Möglichkeit das Geschehen schneller ablaufen zu lassen. Sehr schade ist jedoch, dass die Wiederholungen nur direkt nach dem Rennen angesehen werden können und das Spiel keine Speicherfunktion für die Replays bietet.

Rammen erlaubt

Der Spieler selbst braucht sich nur an wenige Regeln halten und hat kaum Konsequenzen zu befürchten. Somit ist es erlaubt den Gegner zu rammen und von der Strecke zu schieben. Als Belohnung gibt es, wie bereits genannt, Punkte für diese aggressiven Manöver. Bei einigen Rennen gibt es sogar das zusätzliche Ziel eine bestimmte Anzahl von Kontrahenten umzudrehen ohne dabei selbst von der Strecke abzukommen.

Abkürzen ist jedoch verboten. Sobald ein Mal abgekürzt wurde, wird die Rundenzeit ungültig, sodass mit derartigen Mitteln keine neuen Bestzeiten aufgestellt werden können. Zudem gibt es noch eine Verwarnung. Wer sich trotz der Verwarnungen nicht an die Regeln hält und wiederholt abkürzt, wird disqualifiziert. Auch das Fahren in die andere Richtung ist nicht erlaubt und führt, wenn der Fahrer nach fünf Sekunden umkehrt, zur sofortigen Disqualifizierung. Ein gutes Strafsystem, doch manchmal meckert es auch zu Unrecht. An einigen Stellen kann es durchaus vorkommen, dass der Fahrer wenige Meter zu weit von der Strecke abkommt. Auf einer Geraden ist dies eher ein Zeitverlust als eine hilfreiche Abkürzung, dennoch gibt es dafür teilweise Verwarnungen.

Atemberaubendes Renngefühl

Das Rennfeeling ist, vor allem im Vergleich zu den Vorgängern, atemberaubend. Dazu trägt maßgeblich die neue Cockpit-Kamera bei. In der Perspektive wird ein glaubwürdiges Renngefühl hinter dem Steuer simuliert, sodass hohe Geschwindigkeiten, Unebenheiten und Unfälle und auch optisch passend dargestellt werden. Bei hohen Geschwindigkeiten wird ein Tunnelblick durch Bewegungsunschärfe erzeugt, wodurch selbst die Tachoanzeigen verschwommen dargestellt werden. Bei Unebenheiten auf der Straße oder Erschütterungen ist auch das Bild dementsprechend unruhig, um das Verhalten des Fahrzeuges auch gut optisch vermitteln zu können.

Beeindrucken sind vor allem auch die Unfälle. Bei diesen wird die Sich je nach Härte der Kollision verschwommen. Das bei einigen NfS-Spielern beliebte Lenken, indem einfach an einer Bande entlang gefahren wird, ist somit fast unmöglich, da die Strecke dann kaum noch zu erkennen ist. Hinzu kommt gerade in der Cockpit-Perspektive, dass der Fahrer nach Drehen bei hohem Tempo schnell die Orientierung verlieren kann. Jedoch gehen viele der Effekte, abgesehen von der schlechteren Sicht nach Kollisionen, verloren, wenn in die Außenansicht gewechselt wird.

Doch auch in anderen Kamera-Ansichten sorgen Sound, Atmosphäre und spannende Rennen für ein gutes Rennfeeling. Etwas störend könnte für viele jedoch die Steuerung sein. Die Fahrzeuge neigen häufig zum Übersteuern und gerade für Anfänger dürfte es schwierig werden die schnellen Fahrzeuge bei hohen Geschwindigkeiten unter Kontrolle zu halten. Positiv in Sachen Steuerung ist die Unterstützung der Geräte, denn für viele Gamepads und Lenkräder gibt es bereits vorgefertigte Profile, die angepasst werden können. Geräte, die nicht aufgeführt werden, können manuell eingerichtet werden. Die Einstellungen erlauben Feineinstellungen, welche gerade für Lenkradbenutzer hilfreich sind.

Immer noch ein Arcade-Rennspiel

Zwar geht der Stil in Need for Speed Shift mehr in Richtung Simulation, doch zur Freude der meisten NfS-Fans ist es immer noch ein Arcade-Rennspiel. So ist es nicht unbedingt notwendig Rücksicht auf die Fahrzeuge geben, da es kein Benzinverbrauch gibt und einzelne Teile, wie beispielsweise der Motor, nur durch Unfälle Schaden nehmen. Boxenstopps zum Tanken und Reifenwechseln sind somit nicht notwendig und auch gar nicht erst möglich. Die Schäden wirken sich kaum auf das Fahrverhalten aus und sorgen eher für ein langsameres Fahrzeug. Eine Anzeige, wie stark bestimmte Teile beschädigt sind, gibt es nicht. Zudem sind eine Menge Kollisionen notwendig, um stärkere Schäden zu provozieren. Selbst wenn das Fahrzeug mehrere Male mit hohem Tempo gegen die Wand fährt, nimmt es eher nur wenig Schäden dadurch.

Wertung

Fazit

GC-Wertung
8,5

Mit Need for Speed Shift hat es die Serie wieder in die richtige Spurgeschafft, wenn auch mit ein paar Schwachstellen. Das tendenzielle Übersteuern dürfte vielen Probleme bereiten und der Drift-Modus ist ein ziemlicher Fehltritt. Technisch lässt das Spiel zwar auch noch einige Wünsche offen, doch endlich ging es wieder einen Schritt nach vorne. Das Karriereziel ist relativ schnell erreicht, doch dank des Levelsystems und der Abzeichen besteht eine Motivation das Spiel weiterzuspielen. Insgesamt ein sehr gelungenes Arcade-Rennspiel mit einem Hauch von Simulation.