Testbericht: Command & Conquer 4: Tiberian Twilight

PC-Version, getestet von Stefan Brauner am

Nach vier Spielen in 15 Jahren nimmt die Tiberium-Saga ihr Ende. Für den letzten Teil wurde das Spielprinzip teilweise komplett umgekrempelt. Ob die Saga mit diesem Titel sowohl spielerisch als auch inhaltlich ein würdiges Ende findet?

Der Anfang vom Ende

In der Story in Command & Conquer 4 – Tiberian Twilight ist Kane mit der Global Defense Initiative (GDI) einen Waffenstillstand eingegangen, da nur gemeinsam etwas gegen das Tiberium unternommen werden kann. Denn im Jahre 2062 haben die Wissenschaftler festgestellt, dass durch die Ausbreitung die Erde innerhalb der nächsten zehn Jahre unbewohnbar werden soll. Die GDI und Bruderschaft von Nod haben eine Allianz gebildet, um mit dem Tiberium-Kontrollnetzwerk (TKN) das Tiberium zur Wiederherstellung des Ökosystems zu nutzen und die Ausbreitung des toxischen Minerals zu unterbinden.

Der Spieler übernimmt die Rolle eines Commanders, welcher durch schwere Verletzungen seine Augen verlor. Stattdessen hat er Implantate eingesetzt bekommen, welche ihm nicht nur das Sehen ermöglich, sondern auch in gewisser Weise die Kontrolle des TKN, da er mit diesem verbunden ist. Der Commander beginnt auf der Seite der GDI, die weiterhin mit Kane verbündet ist.

Drei Klassen

In Command & Conquer 4 gibt es bei der GDI und Bruderschaft von Nod drei Klassen: Offensive, Defensive und Unterstützung. Zu Beginn startet der Spieler auf Seiten der GDI mit drei Missionen, welche dem Spieler kurz das Spielprinzip und die drei unterschiedlichen Klassen näherbringen, aber zugleich auch schon einen Einstieg in die Story bieten. Die drei Klassen sollten in Abhängigkeit vom Missionsziel und der eigenen Vorgehensweise gewählt werden. In den drei ersten Missionen wird dem Spieler die Entscheidung abgenommen, in dem die Klasse vorgegeben ist.

Die Offensive besteht aus schweren Panzern und Walkern, welche für Angriffe gut geeignet sind. Dazu gehören auf Seiten der GDI auch der Titan, Blldog, Mammut-Panzer und Mastodon, und auf Seiten von Nod der Scorpion, das Nod-Mot, der Flammenpanzer oder auch der Avatar. Die Defensive besteht aus Soldaten und Cyborgs, welche die Möglichkeit haben sich in Bunkern und Gebäuden zu verschanzen. Zusätzlich können auch Abwehrstellungen und die zwei beliebten Superwaffen errichtet werden: Die Ionenkanone der GDI oder der Tempel von Nod, welcher ein Raketensilo beherbergt. Bei der Unterstützung steht eine große Auwahl an Hubschraubern und Flugzeugen zur Verfügung, welche schnell zu den Gefechten fliegen können, um dort die gegnerischen Einheiten zu bekämpfen.

Zudem ist in jeder Klasse der Ingenieur verfügbar, welcher die verbündeten Einheiten reparieren oder Wracks von bestimmten schweren Panzern oder Walkern übernehmen kann. Die Klasse kann mehrmals, jedoch begrenzt, in einer Mission bzw. in einem Gefecht gewechselt werden.

Crawler statt Basisbau

Im Vordergrund des Spieles stehen die Einheiten, der klassische Bau einer Basis ist komplett entfallen. Zum einen ist dies sehr schade, da es einfach typisch für Command & Conquer war und auch häufig Spaß gemacht hat in Gefechten eine große Basis zu bauen. Zum anderen ist es jedoch eine sinnvolle Entscheidung gewesen, denn in der Vergangenheit war der richtige Bau der Basis schon fast der Schlüssel zum Erfolg. Wer also nicht in der richtigen Reihenfolge die richtigen Gebäude gebaut hat, hatte schon gleich schlechtere Karten. Insofern hat es gute und schlechte Seiten.

Anstelle von Bauhof, Kaserne und Waffenfabrik gibt es nun nur noch den Crawler. Dieser lässt sich mit einem mobilen Bauhof vergleichen. Ist der Crawler stationiert, so können Einheiten ausgebildet und Abwehrstellungen aufgebaut werden. In seinem Einzugsradius werden zudem die Einheiten wieder geheilt bzw. repariert. Der Crawler kann wie eine ganz normale Einheit überall hinbewegt werden und dort platziert werden, wo gerade Platz ist. Die Ausbildung der Einheiten selbst funktioniert auch, wenn der Crawler mobil ist, lediglich die Aussendung von Soldaten und Fahrzeugen erfolgt erst im stationierten Zustand.

Durch den Crawler wird auch die gewählte Klasse bestimmt. Zu Beginn einer Mission oder eines Gefechtes wählt der Spieler also, ob er einen für die Offensive, Defensive oder Unterstützung haben möchte. Dem Spieler stehen mehrere Crawler zur Verfügung, für den Fall dass welche zerstört oder für den Wechsel der Klasse demontiert werden. Eingeflogen werden kann dieser nur bei bestimmten Spawnpunkten, was entweder der Startpunkt ist oder im Laufe der Spielrunde eroberte Uplink-Türme.

Kommandeurpunkte statt Geld

Auch die finanziellen Mittel sind in der gewohnten Art nicht mehr vorhanden. Tiberiumraffinerien und -sammler gehören damit der Vergangenheit an. Somit gibt es einen potenziellen Schwachpunkt weniger. Stattdessen gibt es eine bestimmte Anzahl von Kommandeurpunkten, die für die Einheiten ausgegeben werden können. Diese Punkte sind in jedem Match festgelegt und können nicht selbst erweitert werden. Dadurch wird die maximale Größe der Truppen direkt limitiert, sodass der Spieler nicht mehr mit beispielsweise 50 Panzern gleichzeitig den Gegner attackieren kann. Sobald eine Einheit zerstört wird, stehen die dafür ausgegebenen Kommandeurpunkte erneut zur Verfügung.

Aufgrund der eher geringen Truppengröße ist es umso wichtiger zu überlegen, welche Einheiten ausgebildet werden. Diese Entscheidung sollte vom Gegner abhängig gemacht werden. Zieht dieser mit schweren Panzern ins Gefecht, so lassen diese sich mit Einheiten, die mit Laserwaffen ausgestattet sind, effektiv bekämpfen. Gegen leichte Soldaten hingegen ist Laser eher nutzlos, sodass dort Geschütze zum Einsatz kommen sollten.

GDI vs. Nod

Nach dem Abschluss der drei Tutorialmissionen hat der Spieler die Auswahl zwischen zwei Kampagnen. Eine Kampagne erzählt die Geschichte aus der Sicht von der Global Defense Initiative und die andere aus Sicht der Bruderschaft von Nod. Leider umfasst jede davon nur jeweils sieben Missionen, weshalb das Spiel recht kurz ausfällt. Die Story wird wieder mit Videosequenzen erzählt, für welche Schauspieler verpflichtet wurden. Nachdem für die vorangegangenen Command & Conquer-Teile noch bekannte Serienschauspieler verpflichtet wurden, traten für Tiberian Twilight eher weniger bekannte Personen vor die Kamera. Dennoch sind die Filmsequenzen sehr schön dargestellt. Im Laufe der Kampagnen werden einige Fragen, insbesondere über Kane, beantwortet. Die beiden Enden sind nahezu gleich und führen zu dem identischen Resultat.

Erfahrungspunkte

Nach der Auswahl der Kampagne erhält der Spieler im Laufe der Partien Erfahrungspunkte, welche für das Neutralisieren gegnerischer Einheiten, das Erobern von TKN-Knoten und anderen Gebäuden, das Freischalten eines Erfolges und auch für die Siege eines Spiels vergeben werden. Sie sind notwendig um ein höheres Level zu erreichen und damit unter Umständen auch neue Einheiten und Technologien freizuschalten. Für jede Fraktion, GDI und Nod, gibt es ein eigenes, unabhängiges Level. Diese sind in allen Spielmodi identisch, sodass auch in der Kampagne von Multiplayer-Matches oder Gefechten profitiert wird.

Einen Großteil der Erfahrungspunkte sammelt der Spieler durch das Freischalten von Erfolgen. Für jede der Klassen gibt es eigene, auf die Spielweise abgestimmte Erfolge. So steht für die Offensive auch die Zerstörung im Vordergrund. Erfolge dort sind unter anderem das Zerstören von einer bestimmten Anzahl an Crawlern. Bei der Unterstützung hingegen gibt es Punkte, wenn genügend Schadenspunkte wieder repariert oder viele EMP-Minen abgeworfen wurden.

Upgrades und Spezialfähigkeiten

Je nach erreichtem Level stehen dem Spieler verschiedene Technologieupgrades zur Verfügung. Die wichtigsten Upgrades sind dabei die Technologien der höheren Stufen, um überhaupt stärkere Einheiten, Upgrades oder Strukturen nutzen zu können. Insgesamt gibt es dabei drei Stufen, die erste ist standardmäßig freigeschaltet, mit der Stufe 3 ist alles, was bisher durch die erreichten Level freigeschaltet wurde, verfügbar. Gleichzeitig wird auch der Crawler verbessert, indem er beispielsweise bessere Bewaffnung erhält.

Upgrades der ersten Stufe auf beiden Seiten sind die Verbesserung von Reichweite, Tempo, Ladezeiten und Treffgenauigkeit. Weitere Upgrades unterscheiden sich bei GDI und Nod und sind teilweise nur die bestimmten Klassen verfügbar. Während die Bruderschaft von Nod in der Offensive diverse Stealth-Upgrades hat, gibt es für die GDI zusätzliche Fähigkeiten einiger Einheiten. Neben den Upgrades können bei der Unterstützungsklasse auch Spezialfähigkeiten genutzt werden, um zum Beispiel alle verbündeten Einheiten im Zielgebiet zu reparieren, Luftangriffe mit Firehawks durchzuführen oder den Gegner mit Köderarmeen in die Irre zu führen.

Um Upgrades verwenden zu können, müssen Tiberiumkerne gesammelt werden. Je nach Farbe gibt es eine bestimmte Anzahl an Punkten pro Kern. Die normalen Upgrades kosten immer nur ein Punkt und können dadurch relativ schnell aktiviert werden, die Tech-Upgrades kosten 5 bzw. 9 Punkte. Zur Aktivierung von Tech Stufe 3 wird Tech Stufe 2 benötigt. Es ist also nicht möglich einfach etwas länger zu sparen und dafür gleich die höchste Stufe zu nutzen. Bei der Unterstützungsklasse gibt es Unterstützungspunkte, welche für die Spezialfähigkeiten ausgegeben werden können. Diese Laden sich automatisch wieder auf.

Bekannte Optik

Im Großen und Ganzen ist die Optik sehr ähnlich zu den bisherigen Teilen. Das Interface enthält wieder eine Minimap, ein Baumenü sowie die Anzeige der gewählten Einheiten mit deren Status und zusätzlichen Fähigkeiten. Auch die Gestaltung der Spielwelt ist passend zu den Teilen der Tiberium-Saga: Eine eher trostlose Umgebung, hin und wieder auch noch einige gut erhaltene Zonen. Doch im Vergleich zu Command & Conquer 3: Tiberium Wars hat sich eher weniger getan. Es wirkt sogar eher wie ein kleiner Rückschritt, denn während in Tiberium Wars noch viele, teilweise zerstörte Häuser, Wettereffekte und Krater zu bewundern waren, ist davon bei Tiberian Twilight kaum mehr etwas übrig geblieben. Eine moderne, beeindruckende Grafik sieht auf jeden Fall anders aus.

Onlineanbindung

Ein Command & Conquer 4 – Tiberian Twighlight Multiplayer Modus darf natürlich auch nicht fehlen. Über das Internet können Gefechte gegeneinander oder Missionen im Kooperativen Modus miteinander gespielt werden. Etwas ärgerlich für einige dürfte jedoch der Notwendigkeit einer permanenten Internetverbindung sein, die das Spiel benötigt. Denn auch für die Einzelspielerkampagne ist es notwendig online zu und mit seinem EA-Konto eingeloggt zu sein, ansonsten ist es nicht möglich das Spiel zu spielen.

Gefechte

Wer lieber einen Bogen um die Spieler im Internet machen möchte, der kann auch weiterhin Gefechte gegen die KI austragen. Doch auch hier gibt es eine signifikante Änderung gegenüber den Vorgängern. Da der Aufbau einer Basis sowie die Ausbildung einer riesigen Armee nicht mehr möglich sind, macht es auch nur wenig Sinn sich in seiner Ecke aufzuhalten. Und dies wäre in diesem Falle sogar schlecht, denn im Gefecht geht es nicht mehr um die bloße Vernichtung des Gegners. Denn selbst das ist nicht möglich, da unendlich viele Crawler zur Verfügung stehen und die Anzahl der Einheiten ohnehin nur relativ gering ist und ein solchen Ziel nur wenig Spaßfördernd wäre.

Somit bedarf es ein neues Ziel: Die Eroberung von TKN-Knoten. Auf jeder Map gibt es fünf dieser Knoten, die erobert und gehalten werden müssen. Dabei ist es wichtig mehr Knoten als der Gegner zu haben. Das Team mit der Mehrheit erhält je nach Größe des Vorteils eine bestimmte Anzahl an Siegpunkten, je nach Einstellung auch für die Neutralisierung der feindlichen Einheiten. Hat ein Team fünf Konten und das andere keine, so ist der Sieg schneller erreicht als bei einem Verhältnis von drei zu zwei Knoten. Das Team, das zuerst die als Ziel festgelegte Anzahl an Siegpunkten hat, gewinnt das Spiel. Gespielt werden kann im 1-gegen-1 bis hin zum 5-gegen-5. Zu Beginn des Matches kann gewählt werden, welchen Klassen die KIs zu Beginn angehören sollen und wie stark diese sind.

Wertung

Fazit

GC-Wertung
8,0

Kein Basisbau, kein Tiberium als Ressourcen, keine riesigen Truppen, dafür Einteilung in Klassen und Erfahrungspunkte. Von dem klassischen Command & Conquer haben die Entwicklung bei Tiberian Twilight kaum mehr etwas übrig gelassen. Mit einer nur wenig beeindruckenden Grafik, dem Onlinezwang und nur 17 Missionen kann der vierte Teil auch nicht unbedingt punkten. Wenn der Vergleich mit den vorherigen Teilen ausgeblendet wird, ist es ein durchaus gut gelungenes Strategiespiel mit einer guten Story und schönen Missionen geworden. Doch ein Finale einer derartigen Saga hätte grandioser ausfallen müssen.