Testbericht: Brink

PC-Version, getestet von Stefan Brauner am

Stolz präsentierte Bethesda bereits auf das gamescom 2009 erste Eindrücke eines Spieles, bei dem die Grenzen verschiedener Genres sowie zwischen Online- und Offline-Modus verschwinden sollten: Brink. Es herrschten viel zu heiße Temperaturen im kleinen Raum, das Fotografieren und Filmen war nicht erlaubt. Doch das ist es mir wert gewesen. Ein interessantes Konzept, mehr als nur ein Ego-Shooter mit Rollenspiel-Elementen. Dachte ich zumindest zu dem Zeitpunkt. Doch nun ist nicht mehr viel von der Freude über den Titel übergeblieben. 

Zuflucht in der Ark

Die Ark ist der Ort, der im Mittelpunkt von Brink steht. Es ist eine experimentelle, selbstversorgende Stadt, die zu 100 % „grün“ ist. Die Ark ist im Endeffekt eine große, schwimmende Insel. Im Laufe der Zeit stieg der Meeresspiegel jedoch an und die Ark wurde zu einem Zufluchtsort für viele Menschen. Das Problem ist jedoch, dass die Stadt zum einen recht überfüllt und zum anderen von der Außenwelt abgeschnitten ist. Nahrungsmittel und weitere Ressourcen wurden schnell knapp, sodass es jahrelang soziale Unruhen gab. Während die Sicherheitskräfte für Ruhe sorgen wollen, bildete sich am Standrand ein Widerstand. Sie möchten endlich die Insel verlassen. Klingt nach einer interessanten Story und hätte sicherlich auch gut weitererzählt werden können.

Doch das umfangreichste Story-Element im Spiel ist eigentlich nur die Einleitung. Danach gibt es zwar vor und nach jeder Mission noch Videosequenzen, diese erzählen die Story aber nur bedingt weiter. Wirklichen Tiefgang gibt es überhaupt nicht mehr. Im Endeffekt ist diese nett für die Ausgangssituation, damit klar ist, worum es im Spiel geht und wie es zur aktuellen Situation gekommen ist. Eine sinnvolle Erzählung macht schon alleine deswegen keinen Sinn, weil sich die Missionen unabhängig voneinander in beliebiger Reihenfolge spielen lassen.

Ein richtiges Tutorial gibt es bei Brink zwar nicht, dafür einige Einführungsvideos. Eigentlich eine recht gute Idee, aber für einige Neulinge könnten die Videos zu viele Informationen auf einmal enthalten. Dennoch ist der Einstieg ins Spiel nicht wirklich schwer, sodass man auch gut von alleine ins Spiel findet. Etwas Verwirrung am Anfang ist nicht ausgeschlossen, doch im Zweifelsfall heftet man sich einfach an seine Kameraden.

Modi-Übergreifend

Das, was Brink eigentlich ausmacht, ist der fließende Übergang zwischen Einzel- und Mehrspielermodus. Die Missionen sind in den Modi die gleichen, der einzige Unterschied ist im Endeffekt, dass im Einzelspielermodus zusammen mit Bots und im Multiplayermodus zusammen mit Spielern aus dem Internet gespielt wird. Im Grunde war es sogar eine sehr gute Idee von den Entwicklern, dass es keinen Unterschied machen soll, ob alleine oder mit mehreren über das Internet gespielt wird. Nur die Umsetzung ließ ziemlich zu wünschen übrig. So hätten viele Spieler auch erwarten können, dass es somit auch gut für den Einzelspieler-Modus geeignet ist. Die Realität ist eher vergleichbar mit Counter-Strike: Source mit Bots, nur etwas komplexer. Der Grund: Die K. I. ist stellenweise sehr mies geworden, sodass es in einigen Missionen selbst auf einfachstem Schwierigkeitsgrad sich als sehr hart erweisen kann.

Wie heißt es so schön: „Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied“. Es bringt also nichts, wenn der Spieler enorm gut ist, sich aber nicht auf seine Teammitglieder verlassen kann. Wenn ich als Soldat eine Bombe anbringe, muss ich mich auch darauf verlassen können, dass mich die Kollegen in der Zwischenzeit decken. Stattdessen eiern sie irgendwo in der Gegend herum, um sich Gefechte mit den Gegnern zu liefern. Natürlich macht das Sinn, ist aber nicht in jeder Situation zielführend. Ist die Bombe angebracht, gilt es diese dann natürlich auch zu decken. Einige scheinen sich dann auch zu bemühen, sterben aber teilweise wie die Fliegen. Davon gibt es noch einige andere Situationen. Natürlich möchte ich nicht, dass ich mich zurücklegen kann und zusehen, wie die KI-Kollegen alles für mich erledigen. Aber wenn ich die meisten Punkte habe, hoffe ich natürlich, dass dies auch mal ausreicht, um das Missionsziel zu erreichen.

Das Kernelement des Spieles wird damit eigentlich zum Nachteil. Nichts ist wichtiger im Team-basierten Spiel, dass das Team auch gut ist. Spiele ich alleine, möchte ich, dass meine KI nach Möglichkeit einen Tick besser ist als die Gegner. Vor allem auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad. Spielen jedoch zwei Spieler gegeneinander, sieht die Angelegenheit natürlich anders aus. Da ist es notwendig, dass das Balancing stimmt. Dies scheint meiner Auffassung nach auch der Fall zu sein, gilt jedoch immer. Somit schon mal der erste Punkte, der den Spielspaß im Einzelspielermodus trübt.

Rollenspiel-Elemente?

Wie zu Beginn schon angedeutet, versprachen die Entwickler damals ein Spiel, bei welchem kein eindeutiges Genre festgelegt werden kann, da es von jedem etwas sein sollte. Dass es ein Ego-Shooter ist, lässt sich nicht übersehen. Auch für Rollenspiele typische Elemente sind mehr oder weniger enthalten, doch ansonsten sind nicht allzu viele Genre-Einflüsse erkennbar. Wo sollten die auch her kommen? Sport, Rennspiele, Strategie, Simulation… logisch, fällt weg. Im Endeffekt bliebe da als einziger, naheliegender Genre noch ein Adventure. Wirklich abenteuerlich ist Brink dabei auch nicht.

Also bleibt noch das Rollenspiel-Genre über, von welchem jedoch nur wenige Elemente enthalten sind. Es ist kein Rollenspiel-Shooter, wie man es von Borderlands kennt. Keine freie Spielwelt, eher lineare Spielweise, keine echten Entscheidungsfreiheit und erst recht keine Dialoge etc. Was bleibt also übrig? Ein Erfahrungspunkte- und Level-System. Mit so ziemlich jeder Aktion erhält der Spieler Erfahrungspunkte, um später ein höheres Level zu erreichen. Damit werden neue Waffen, Ausrüstungen, Kleidungen und Accessoires freigeschaltet. Nur ganz ehrlich wäre es auch falsch, hier von Rollenspiel-Elementen zu sprechen, schließlich ist das heutzutage beim Großteil der Multiplayermodi aktueller Ego-Shooter vorhanden, um für eine Langzeitmotivation zu sorgen. Also letzten Endes doch eher nur ein ganz normaler Ego-Shooter mit einem Level-System, welches gleichzeitig für Einzel- und Mehrspieler gilt.

Teamwork

In Brink stehen insgesamt vier Klassen zur Verfügung: Soldaten, Techniker, Agenten und Sanitäter. Jede Klasse hat eigene Aufgaben und eigene Spezialfähigkeiten, die zur Verfügung stehenden Waffen hingegen sind identisch. Die eigene Klasse kann jederzeit an sogenannten Kommandoposten, einer davon ist im Spawnbereich, gewechselt werden. Damit sich eine Mission erfolgreich absolvieren lässt, benötigt es meist Spieler von jeder Klasse. Besteht die Aufgabe darin, eine Tür aufzusprengen, kann dies nur ein Soldat erledigen. Das Entschärfen von Bomben hingegen beherrschen nur die Techniker und Geräte hacken können nur die Agenten. Jetzt zu sagen „Okay, wir müssen eine Tür sprengen, jetzt ist jeder Soldat“ macht jedoch auch wenig Sinn.

Schon alleine die Spezialfähigkeiten sorgen dafür, dass von jeder Klasse jemand verfügbar sein sollte. Soldaten können Munitionsvorräte wieder aufladen; sowohl die eigenen als auch die der anderen Spieler. Ansonsten ist die Munition nämlich recht schnell aufgebraucht und der Tod damit schon fast besiegelt. Techniker hingegen stellen Geschütze auf, legen Minen, verbessern den Schaden einer Waffe und verstärken den Schutz anderer Spieler mithilfe von Kevlarplatten. Damit insgesamt sehr wertvoll, was jedoch nichts bringt, wenn kein Soldat für Munitionsnachschub sorgen kann. Dann gibt es noch die Sanitäter, die auch die Gesundheit verbessern können und im Falle einer schweren Verletzung für Regeneration sorgen können. Ein Spieler ist in Brink nämlich nicht sofort tot, liegt aber regungslos am Boden. Es gibt zwei Optionen: Warten bis ein Sanitäter vorbeikommt und eine Regenerationsspritze zuwirft, um sich damit selbst zu heilen oder zum nächstmöglichen Zeitpunkt neu spawnen. Agenten sind die einzigen, die nicht buffen (also für Verbesserungen sorgen) können, besitzen aber die Fähigkeit sich als einen der gestorbenen Gegner zu tarnen oder Geschütztürme umzuprogrammieren.

Die Spezialfähigkeiten lassen sich nur limitiert einsetzen, da diese sogenannte Versorgung verbrauchen. Sie regeneriert sich halbwegs schnell von alleine. Die maximale Anzahl ist abhängig davon, wie viele Kommandoposten das eigene Team erobert hat. Der Einsatz von Spezialfähigkeiten oder allgemein Aktionen, die dem gesamten Team zugutekommen, bringen am meisten Erfahrungspunkte. Eine recht gute Win-Win-Situation, vor allem im Multiplayermodus. So profitiert das gesamte Team von Spielern, die nicht nur an sich selbst denken, sondern ihre Kameraden unterstützen, und der teamfähige Spieler selbst profitiert in diesem Falle von zusätzlichen Erfahrungspunkten. Das ist um einiges mehr als es für das bloße Abknallen von Gegnern geben würde. Eine gute Entscheidung das so zu machen, denn nur mit fraggeilen Egoisten kann die Mission nicht gewonnen werden.

Aufgabensystem

Nach den ersten Trailern und Infos hatte ich bei Brink irgendwie ein weniger lineares Spielsystem erwartet, bei dem frei Aufgaben angenommen werden, um sein Ziel zu erreichen – also ähnlich wie bei einem Rollenspiel. Dies war jedoch leider ein Irrglaube. Zwar lassen sich unterschiedliche Aufgaben in einem Level annehmen, doch nur eine davon führt zum Unmittelbaren Erfolg. Dies bedeutet nicht, dass die Sekundärmissionen irrelevant sind. Standardaufgaben sind beispielsweise das erobern von weiteren Kommandoposten, um Versorgungs- oder Gesundheitsboni für das gesamte Team zu erhalten. Auch lassen sich als Angreifer zusätzliche Wege, meist gut als Abkürzung, freiräumen bzw. als Verteidiger versperren oder zerstören. Gerade bei einem etwas größeren Team ist es am sinnvollsten, wenn sich nicht jeder auf die Primäraufgabe konzentriert, sondern auch mit dem Erfüllen der Nebenziele aushilft. Zumal es für deren Erfüllung zusätzliche Erfahrungspunkte gibt.

Die Aufgaben ähneln sich zwar in den unterschiedlichen Missionen, bieten trotzdem noch einigermaßen Abwechslung – sofern nicht immer mit der gleichen Klasse gespielt wird. So gibt es Ziele wie das Eskortieren von Personen oder das Beschaffen von wichtigen Informationen. Letzteres ähnelt etwas Capture-the-Flag, nur mit dem Unterschied, dass nur ein Team etwas stehlen muss, während die Gegenseite die Information beschützen bzw. wieder zurückbringen muss, indem einfach nur die Aktionstaste längere Zeit gedrückt hält. Im Grunde ist es also auch hier nichts Besonderes. Zwei Teams treten gegeneinander an und müssen unterschiedliche Punkte angreifen bzw. verteidigen anstelle auf Frag-Jagd zu gehen. Das angreifende Team hat gewonnen, wenn es innerhalb der vorgegebenen Zeiten die jeweiligen Ziele auf der Karte erfüllen, das verteidigende Team dann, wenn es die Angreifer davon abhalten kann. Ist ein Ziel der Angreifer erreicht, gibt es neue Aufgaben für beide Seiten und ein neues Zeitlimit. Ein ziemlich linearer Ablauf durch eine feste Reihenfolge der Aufträge ist dort logisch und vermutlich auch unumgänglich. Denn ansonsten wäre es kein normaler Ego-Shooter mehr, sondern eher eine Art von MMO-Shooter – und damit für eSport-Wettbewerbe untauglich.

SMARTe Bewegungen

Ein im Vorfeld stolz präsentiertes Feature war S.M.A.R.T., "Smooth Movement Across Random Terrain. Es erlaubt dem Spieler mit einem Knopfdruck das zu tun, was er möchte. Bei der PC-Version ist es nur bedingt auffällig. Es wirkt sich unter anderem dadurch aus, dass ich mit einer Taste rennen und gleichzeitig auch ganz einfach irgendwo hochklettern kann. Ohne die Springen-Taste zu betätigen. Das sorgt für einen guten Bewegungsfluss. Vielen dürfte beim Spielen kaum bewusst sein, dass sie dieses Feature nutzen. Im Nachhinein finde ich es jetzt nicht sonderlich grandios, ist aber auf jeden Fall äußerst nützlich. Die Bewegungen sind definitiv ziemlich smart und gehen etwas über das normale Niveau von Ego-Shootern hinaus.

Schlechte Synchronisation, Grafik in Ordnung

Wirklich furchtbar geworden ist die deutsche Synchronisation von Brink. Nicht nur, dass sie in den Videosequenzen größtenteils überhaupt nicht Lippen-Synchron ist. Hinzu kommt noch, dass die Stimmen teilweise unpassend sind und der Klang der Stimmen häufig nicht zur Situation oder dem Charakter passt. Echt zum Abgewöhnen! Lediglich die Sprüche der Charaktere im Gefecht selbst sind noch recht gut. So gibt es automatische Sprüche, die für den Spieler wichtig sein dürften. Bin ich Sanitäter, höre ich, wenn jemand meine Hilfe benötigt. Als Soldat höre ich das nicht, da dies auch völlig uninteressant wäre. Dafür höre ich, wenn jemand Munition braucht. Ansonsten sind die Sounds an sich recht in Ordnung. Störend wirkt sich es sich jedoch aus, dass dieser bei Verletzungen sehr dumpf wird. Bei den meisten Spielen verständlich, doch bei Brink kommt das meist so häufig und in so kurzen Abständen vor, dass es besonders am Anfang ziemlich stört.

Grafisch hingegen ist Brink in Ordnung, wenn auch kein auch kein Highlight. Auf dem ersten Blick etwas merkwürdig wirken vor allem die langgezogenen Gesichter der Charaktere. Doch ansonsten zeigen sie sich in einem recht glaubwürdigen Look und in einer schönen Vielfalt. Verschiedene Hautfarben, Körpertypen, Frisuren, Kleidungen, Accessoires und vieles mehr. Diese Auswahl steht auch für das eigene Aussehen zur Verfügung, welches jederzeit angepasst werden kann. Im Laufe des Spieles werden weitere Looks freigeschaltet. Die Spielwelt macht einen bedingt guten Eindruck. Allzu viele unterschiedliche Umgebungstypen gibt es leider nicht, Wow-Momente bleiben ebenso wie besondere Special-Effects komplett aus. Zudem ist die Spielwelt komplett statisch und wirkt auch etwas detailarm. 

Wertung

Fazit

GC-Wertung
8,0

Brink ist leider eindeutig einer der Titel, der nach großem Hype ziemlich enttäuscht. Die Grundidee war sicherlich nicht schlecht, doch bei der Umsetzung wurde viel Potenzial verschenkt. Für den Einzelspieler-Spaß bietet es zu wenig und im Online-Bereich kann es mit den anderen Shootern nicht mithalten. Ein Spiel, das durchaus für einige Stunden Spielspaß sorgen kann, dennoch leider kein wirkliches Highlight geworden ist.